Zum Inhalt springen
FM-Connect Chat

Hallo! Ich bin Ihr FM-Connect Chat-Assistent. Wie kann ich Ihnen helfen?

FM-Solutionmaker: Gemeinsam Facility Management neu denken

Vorbereitung und Planung des Verfahrens

Facility Management: Verhandlungsverfahren » Leistungen » Planung

Vorbereitung und Planung des Verhandlungsverfahrens im FM

Vorbereitung und Planung des Verhandlungsverfahrens im FM

Facility-Management-Aufträge sind meist Dienstleistungen oder Lieferungen. Liegt der Auftragswert über den EU-Schwellenwerten, gilt europäisches Vergaberecht (GWB, VgV). Darunter kommt die UVgO (Unterschwellenvergabeordnung) zur Anwendung. Ferner regelt die Sektorenverordnung (SektVO) die Vergabe in Bereichen wie Energie, Wasser und Verkehr. Verhandlungsverfahren (mit oder ohne Teilnahmewettbewerb) dürfen nur unter den dort genannten Bedingungen durchgeführt werden. Beispielsweise sieht §14 VgV und §8 UVgO eine Verhandlungsvergabe vor, wenn Leistungen innovativ oder technisch komplex sind oder nicht ausreichend genau spezifizierbar sind, frühere Ausschreibungen gescheitert sind, hohe Sicherheits- oder Dringlichkeitsgründe bestehen, nur ein bestimmter Anbieter in Frage kommt u. Ä.. Im Sektorenbereich (SektVO §13) gelten vergleichbare Ausnahmen – etwa wenn in einem vorangegangenen Verfahren keine geeigneten Angebote eingingen, nur ein bestimmter Anbieter (z. B. aus technischen oder Urheberrechts-Gründen) in Frage kommt, hohe Dringlichkeit besteht oder Anschlussaufträge an einen Erstvergabennehmer folgen dürfen. Allgemein gilt: Öffentliche Auftraggeber müssen auch bei FM-Leistungen sorgfältig den passenden Vergabemodus wählen und die verfahrensrechtlichen Vorgaben (z. B. VgV, UVgO, SektVO) beachten.

Planung im Verhandlungsverfahren – Strukturierte Leistungsbeschreibung und Projektvorbereitung

Leistungsverzeichnisse im Facility Management

Facility-Management-Dienstleistungen gliedern sich traditionell in drei Bereiche: technisches, infrastrukturelles und kaufmännisches Facility Management. Das technische FM umfasst den Betrieb und die Instandhaltung technischer Anlagen (z. B. Heizungs-, Lüftungs-, Klima- und Elektrosysteme), das infrastrukturelle FM Leistungen wie Gebäudereinigung, Sicherheitsdienste, Hausmeisterservice oder Grünpflege, und das kaufmännische FM Aufgaben wie Flächen- und Mietmanagement, Buchhaltung und Controlling. Diese Kategorisierung beeinflusst die Vergabestrategie: Standardisierte infrastrukturelle Leistungen (z. B. regelmäßige Reinigungsaufträge) lassen sich oft über offene oder nicht-offene Verfahren beschaffen, während komplexe technische Services (etwa Total Technical Services oder energiesparende Gebäudetechnik) durch fachlich qualifizierte Anbieter ausgeführt werden müssen. Letztere können Innovation und spezifisches Know-how erfordern, sodass hier das Verhandlungsverfahren in Betracht kommt (etwa wenn die Leistung nur schwer vollständig im Vorfeld beschreibbar ist oder einzelne Anbieter besonders spezialisiert sind).

Planungs- und Vorbereitungsschritte vor Einleitung des Verhandlungsverfahrens

  • Bedarfsermittlung: Ausgangspunkt ist eine sorgfältige Bedarfsanalyse. Der Auftraggeber muss ermitteln und dokumentieren, welche FM-Leistungen tatsächlich benötigt werden (z. B. anfallende Wartungsaufgaben, Reinigungsintervallen, Service-Level-Anforderungen). Ziel ist es, den genauen Bedarf zu erkennen, zu analysieren und festzulegen, damit die spätere Ausschreibung den tatsächlichen Anforderungen gerecht wird. Die Analyse sollte den gesamten Lebenszyklus der Immobilie im Blick haben (Nutzung, Instandhaltung, Ersatzinvestitionen) und klären, ob interne Kapazitäten ausreichen oder externe Vergabe nötig ist. Dazu gehört auch die Beachtung strategischer oder politischer Vorgaben (z. B. Nachhaltigkeitsziele, vorhandene Budgets, Sicherheitsanforderungen). Die Bedarfsermittlung bildet die Grundlage für alle weiteren Planungen.

  • Leistungsbeschreibung und -abgrenzung: Aus dem ermittelten Bedarf leitet sich die Leistungsbeschreibung ab – das zentrale Dokument der Ausschreibungsunterlagen. Sie muss präzise festlegen, was genau beauftragt wird (Arbeitsgegenstand, Qualität, Umfang). Best-Practice empfiehlt funktionale Leistungsbeschreibungen: Es wird beschrieben, welches Ergebnis oder welche Funktion erzielt werden soll, statt die Vorgehensweise der Leistungserbringung im Detail vorzugeben. So bleiben Bietern Freiräume, ihre Fachkompetenz anzuwenden. Beispielsweise kann nicht die genaue Instandsetzungs-Prozedur vorgeschrieben werden, sondern nur, welche Wartungsziele oder Service-Level zu erfüllen sind. Dabei sollten alle für den Betrieb relevanten Parameter (z. B. zu betreuende Anlagen und Flächen, benötigte Verfügbarkeiten, Reaktionszeiten) klar erfasst sein. Eine vollständige Bestandserfassung (BAUTA- und Flächendaten) ist essenziell, um Leistungsverzeichnisse lückenlos erstellen zu können. In der Praxis werden oft standardisierte Bausteine (z. B. Service-Level-Definitionen oder Ausschreibungsmodule) und Kataster-Tabellen eingesetzt, die auf die jeweilige FM-Teilaufgabe zugeschnitten sind. Dabei ist zu beachten, dass Qualitätsanforderungen als messbare Ergebnisse definiert werden (z. B. Rechenzentrum: bestimmte Temperaturen über 24/7). Die Leistungsbeschreibung dient am Ende als Vertragsgrundlage und muss allen formalen Anforderungen genügen – andernfalls können im Streitfall zentrale Vertragsbestandteile, wie die Leistungsbeschreibung, von Instanzen ggf. nicht anerkannt werden.

  • Marktanalyse und Wettbewerbsbetrachtung: Parallel zur Bedarfsermittlung erfolgt eine Marktsondierung. Ziel ist es, einen Überblick über den relevanten Markt (mögliche Anbieter, Technologien, Preisniveaus) zu gewinnen. Hierzu zählen Internetrecherche, Fachgespräche, Teilnahme an Branchenevents oder Lieferantendialoge. Systematische Markterkundung liefert entscheidende Informationen für die Auftragsstrategie: Sie klärt, welche innovativen oder nachhaltigen Lösungen verfügbar sind, welche Kapazitäten die Anbieter besitzen, und wie hoch die zu erwartenden Kosten sind. Oft wird dieser Prozess in mehreren Phasen durchgeführt: In einer Design-Phase werden Problemstellungen und Anforderungen konkretisiert, gefolgt von Datenerhebung (z. B. Lieferantengespräche, Ausschreibungsdatenbanken) und Analyse. Bei komplexen FM-Projekten ist der intensive, interdisziplinäre Austausch mit diversen Fachabteilungen (Technik, Betriebswirtschaft, Einkauf) und externen Experten besonders wichtig. Studien zeigen, dass ein interdisziplinärer und empathischer Austausch entscheidend ist, um die Bedürfnisse aller Beteiligten zu erfassen und kreative Lösungen zu entwickeln. Ergebnis der Marktanalyse sind Erkenntnisse über Nachfrage und Angebot, die in die endgültige Leistungsbeschreibung und Verfahrenswahl einfließen.

  • Bewertungs- und Zuschlagskriterien: Bereits vor Ausschreibungsstart müssen die Kriterien festgelegt werden, nach denen Angebote bewertet und der Zuschlag erteilt wird. Üblicherweise wird das wirtschaftlichste Angebot ausgewählt – dies kann auf Basis des geringsten Preises oder des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses („wirtschaftlichstes Angebot“) erfolgen. Neben dem Preis können weitere Kriterien herangezogen werden, z. B. Qualität der Leistung, Einhaltung von Service Levels, technischer und personeller Leistungsfähigkeit, Umwelt- oder Nachhaltigkeitsaspekte (z. B. Energieeffizienz, CO₂-Bilanz), Innovationsgrad oder Referenzen. Moderne AVA-Systeme ermöglichen eine automatisierte Bewertungsmatrix, in der z. B. Preis, Servicequalität, Umweltaspekte oder SLA-Parameter gewichtet und verglichen werden. Dabei müssen Zuschlagskriterien sachgerecht auf Haupt- und Nebenangebote anwendbar sein und – wenn mehrere Kriterien existieren – vorab gewichtet werden. Praxisempfehlung ist, den Preis nicht zwingend als alleiniges Kriterium zu verwenden, um auch qualitative oder nachhaltige Leistungen angemessen zu honorieren (gegebenenfalls mit Mindestanforderungen für Nebenangebote). Im Ergebnis legt der Auftraggeber in der Bekanntmachung und Vergabeunterlage verbindlich fest, welche Kriterien gelten und wie sie gewichtet werden.

  • Projektstrukturplanung und digitale Tools: Eine strukturierte Projektplanung sorgt für Klarheit über Zuständigkeiten, Meilensteine und Ressourcen. Dabei werden Zeitplan (z. B. Ablauf der Leistungsbeschreibung, Angebotsfrist, Verhandlungstermine) und Verantwortlichkeiten (z. B. Technik, Einkauf, Recht) definiert. Beim Einsatz moderner Softwarelösungen fällt die Erstellung der Unterlagen leichter: AVA-Systeme (für Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung) bieten Bibliotheken standardisierter Leistungsbeschreibungen und Normpositionen sowie Funktionen für eVergabe. Sie ermöglichen die präzise Erstellung von Leistungsverzeichnissen, die automatisierte Vergleichstabelle der Angebote und ein revisionssicheres Vergabemanagement. Ein Erfolgskriterium ist auch die Integration der AVA-Tools mit anderen Systemen (z. B. CAFM, ERP oder BIM), um ein umfassendes, konsistentes Datenfundament zu gewährleisten. So kann beispielsweise das CAFM-System gepflegte Gebäudedaten direkt in die Ausschreibungsunterlagen übernehmen (Bestand, Verbrauchswerte, Wartungspläne). Insgesamt steigert Digitalisierung die Effizienz und Transparenz: Elektronische Vergabeplattformen unterstützen die Durchgängigkeit des Verfahrens (z. B. Angebotsabgabe, Kommunikation, Protokolle) und reduzieren Verwaltungsaufwand.

  • Lebenszykluskosten und Nachhaltigkeit: In die Planung fließen heute auch ökologische und ökonomische Nachhaltigkeitsgesichtspunkte ein. Beispielweise werden in der Leistungsbeschreibung Energiestandards oder Umweltzeichen als Anforderungen genannt, und in der Bewertung gewinnen „grüne“ Kriterien (z. B. geringer Energieverbrauch, Recyclingfähigkeit) an Gewicht. Nach den «Leitlinien für energieeffiziente Vergaben» soll bereits bei der Bedarfsanalyse geprüft werden, welches Produkt oder welche Dienstleistung in Nutzungs- und Umweltgesichtspunkten das optimale Gesamtpaket bietet. In der Zuschlagsentscheidung wird zunehmend der gesamte Lebenszyklus betrachtet (Lebenszykluskosten), statt nur der niedrigste Anschaffungspreis. Auch soziale und Governance-Aspekte (z. B. Beschäftigung von Menschen mit Behinderung, Arbeitsbedingungen) können einfließen. Viele Auftraggeber verankern Nachhaltigkeits- oder ESG-Kriterien deshalb explizit als Zuschlagsparameter oder Mindestanforderungen.

Best Practices und Referenzmodelle

Für eine professionelle Vergabeplanung können sich FM-Führungskräfte an Branchenstandards und bewährten Leitfäden orientieren. Der GEFMA e.V. (Deutscher Verband für FM) hat z. B. mit der Richtlinie GEFMA 501 „Prozessabbildung Ausschreibung & Vergabe von Facility Services“ einen idealtypischen Ablauf in 25 Prozessschritten erarbeitet. GEFMA betont dabei die zentrale Bedeutung eines soliden Vertrags und einer klaren Leistungsbeschreibung für den Erfolg. Weitere FM-Standards wie der GEFMA-510 (Mustervertrag) und -520 (Standardleistungsbeschreibung) ergänzen dieses Vorgehen. Daneben gibt es einschlägige Normen und Empfehlungen (z. B. DIN EN 15221 – internationale FM-Grundlagen, DIN 32736 zur Gebäudetechnik, VDI-Richtlinien oder VDI 6009 für Instandhaltung). Auch vergabespezifische Handbücher der öffentlichen Hand (z. B. das Vergabehandbuch des Bundes oder ressortspezifische Vergabeanleitungen) bieten praxiserprobte Vorgaben für Verfahren und Dokumentation. Insgesamt lautet die Empfehlung: Nutzen Sie Standard-Templates und Checklisten (z. B. für Verfahrensdokumentation, Vertragsvorlagen, Nachunternehmererklärungen) und ziehen Sie gegebenenfalls externe FM-Vergabeexperten hinzu, um den Prozess zu professionalisieren.

Herausforderungen, Risiken und Erfolgsfaktoren

Die Vergabe komplexer FM-Pakete birgt typische Risiken: Fehlende oder unklare Anforderungsdefinitionen können zu Angebotsunsicherheiten führen, interdisziplinäre Schnittstellen (z. B. zwischen technischer und infrastruktureller Gebäudeausstattung) erschweren die Planung, und enge Termin- oder Kostenvorgaben erhöhen den Druck. Ebenso gefährlich ist es, Ausschreibungen so eng zu fassen, dass nur wenige Bieter in Frage kommen (Überdefinition) oder dass Risiken nicht angemessen verteilt werden. Erfolgsentscheidend ist daher eine gründliche Vorarbeit: Eine klare Aufgabenverteilung im Planungsteam, regelmäßige Abstimmungen zwischen Technik, FM-Fachabteilungen, Einkauf und ggf. externen Fachleuten, und die Einbindung von Juristen und Controllern verhindern spätere Missverständnisse. Ein interdisziplinäres Team kann alle Blickwinkel (technisch, ökonomisch, rechtlich) berücksichtigen und somit ein ausgewogenes Leistungsverzeichnis erstellen. Studien unterstreichen, dass ein empathischer Austausch zwischen den Beteiligten kreative Lösungsansätze fördert und die Marktpotenziale besser ausschöpft. Wichtig ist auch, frühzeitig Risiken zu identifizieren (z. B. Lieferengpässe, Budgetgrenzen) und Strategien zu deren Minderung festzulegen. Eine transparente Kommunikation mit möglichen Anbietern (etwa im Rahmen von Bieterkonferenzen oder Marktsondierungen) erhöht die Akzeptanz des Verfahrens.

Eine sorgfältige, gut dokumentierte Vorbereitung ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen Verhandlungsverfahren im Facility Management. Durch systematische Bedarfsermittlung, präzise Leistungsdefinition, fundierte Marktanalyse und kluge Auswahl der Bewertungskriterien legen Führungskräfte die Grundlage für wirtschaftliche, rechtssichere Vergaben. Referenzmodelle wie die GEFMA-Prozessdarstellungen sowie Normen und Handbücher helfen, typische Fallen zu vermeiden. Kombiniert mit einer starken Teamarbeit und modernen digitalen Werkzeugen können so auch komplexe, interdisziplinäre FM-Leistungen professionell und zukunftsorientiert vergeben werden.